Wir starten die Gefühle neu

Gestern habe ich einen Versuch gewagt, der mir so lange nicht in den Sinn kam! Ich bin gestern, mit meinem Therapeuten, eine kurze Strecke gelaufen, die mir seit Beginn hier Probleme macht. Für jeden normalen Menschen ist dies unvorstellbar, dass 9 Garagentore, in 50 Meter Entfernung, einem das Herz bis ins Gehirn schlagen lassen. Bei mir ist dieses jedenfalls so und wir können aktuell nicht einordnen, woher das kommt. Um vorweg zu sagen, es gibt keine Beziehung oder Ereignisse dazu.

Das spielte aber in diesem Moment keine Rolle. Es war mehr das Kennenlernen, der Gefühle die man ohne Medikamente hat, als sich vor dem Spaziergang zu benebeln. Hier rede ich von Benzodiazepine. Es war einfach ungewohnt und ich war unsicher, wie ich komme, da ich alles in Schachzügen berechne und hier stets Probleme bekomme, weil man nicht so weit planen kann.

Ich kam also nicht weiter und mein Therapeut gab mir ein paar Übungen, um im Hier und Jetzt zu bleiben. Ich spürte dabei mein Gewicht und verlagerte die Sichtweise kontinuierlich, um zu erkennen, wie es besser wird. Ein Gullydeckel diente mir hier als Hafen oder Ankerpunkt. Das war bis dahin ein großer Erfolg! Warum? Weil meine Angst im Kopf bereits 10 Meter vor dem Deckel begann.

Durch verschiedene Übungen und Aufgaben ergab sich dann unbewusst für mich ein weiteres Vorankommen. Ich stand plötzlich 6 Meter weiter auf einem Gasdeckel, in dieser Straße. Schlussendlich war ich jetzt weitere Meter an die 9 Garagentore herangekommen. Dieser Standpunkt war nun genug, so signalisierte es mir mein Gehirn, aber ich wollte mehr, also sprang ich auf den nächsten Deckel einen Hydranten. In Windeseile war ich wieder ganz schnell bei meinem Gasdeckel und merkte wie heftig mein Körper rebelliert und zurückwollte.

Dies ließ mich jetzt nicht mehr in Ruhe. Ich wollte wissen, warum ich darauf reagiere. Mein Therapeut und ich haben ein weiteres Mal mit Übungen in der Gewichtsverlagerung und Sichtweite die Lage neu bestimmt. Ich war wieder ruhiger und alles fühlte sich normal an. Ich entschloss jetzt bis zu einem Unterbau zu gehen, der weitere 4 Meter vom Gasdeckel lag. Dazwischen lag der Hydrant.

Ich habe es geschafft. Ich stand an der Überdachung und konnte für einen Augenblick das Glück spüren. Es war schön und als ich sah, dass ich gute 40 Meter von dem Punkt weg war als die Angst anfing, wurde ich emotional und war stolz. Selbst die 9 Garagen waren jetzt nicht weiter als 10 Meter entfernt.

Dass ich dieses einfach so aus dem Nichts heraus am ersten Tag hinbekomme, wäre mir nie in den Sinn gekommen. Als Erinnerung und visuelle Bestätigung, habe ich mir einen Stein vom Boden mitgenommen, der mich an diesen Moment glauben lässt.

Beim darauffolgenden Rückgang legten wir sogar einen 5 Meter Sprint hin, um den Kreislauf wieder aufzuwecken. Ich war doch sehr platt, aber einfach nur stolz ohne chemische Mittel das geleistet zu haben.


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