Wenn ich mich täglich im Spiegel betrachte, fällt mir auf, dass ich alt geworden bin. Nicht weil man das vom Alter selbst her sagt, weil es so ist. Graue Haare nehmen zum Braun die Überhand, der Bart wird immer weißer und die Falten besonders um die Augen nehmen zu. Ich hätte nicht daran geglaubt, dass mich das mal wirklich mehr als ein Wimpernschlag interessieren würde. Hier habe ich mich wohl geirrt.
Sehen wir den Tatsachen doch einmal ins Auge. Altwerden ist der Gang der Zeit und es betrifft alles und jeden. Schlimm sollte das nicht sein, denn im Alter wird man weiser, reagiert auf vieles anders und man hat die Zeit über Vergangenes nachzudenken, wenn man das denn möchte.
Ich persönlich weiß aktuell nicht, wo ich stehe. Mal ist mir egal, wie alt ich bin, dann wieder nicht. Beruflich, wenn man kreativ sein muss, kann Alter eine Hürde sein, weil einem die Spritzigkeit fehlt oder nicht mehr die Power hat, 6 Stunden über den Feierabend dranzuhängen. Das muss man auch gar nicht, aber es fühlt sich so an und das verwirrt mich.
Denke ich an meine Eltern, diese haben in meinen Jahren, in denen ich jetzt bin, auch keine großen Sprünge mehr gewagt oder haben sich über jeden Quatsch aufgeregt. Es war so, als wenn man seine Eltern als erfahrene Mitspieler oder Trumpfkarte immer dabei hatte. Dass meine Eltern beide so jung versterben, war damals nicht klar und es frisst mich immer noch auf.
Sehe ich in meinen Spiegel, frage ich mich manchmal, was ich falsch gemacht haben könnte oder ab welcher Kreuzung ich besser die andere Ausfahrt hätte nehmen sollen. In meinen freien Minuten denke ich immer, dass dies Blödsinn ist, sich darüber Gedanken zu machen. Ich komme aber nicht davon los. Wir alle streben nach Glück, Harmonie, Frieden und Zuversicht. Es gibt Zeiten, da ist keins von den Wünschen verfügbar, aber wir erkennen nicht, dass sie dennoch um uns herum sind.
Daher schreibe ich diesen Gedanken. Er soll mich erden und lernen, loszulassen. Ein Spiegelbild ist Spiegelbild, es spiegelt mein Äußeres und nicht mein Inneres, wo es oft dunkel zugeht. Im Kämpfermodus versuche ich täglich dem ganzen einen Sinn zu geben und habe ich in den letzten Wochen einiges erreicht, aber ist das genug? Reicht es, ins Bett zugehen und dort, wo man abschalten sollte, über kommende Aufgaben des morgigen Tages nachzudenken? Ich sage nein. Im Bett gehen heißt für mich, diese Welt in Träumen zu verlassen. In Träumen können wir alles sein und in Träumen gibt es kein Spiegelbild.
Wer auch immer diesen Gedanken liest, dem wäre ich dankbar, wenn er mit mir seine Sicht teilt. Euch da draußen eine gute Zeit und viele Sonnentage. Es geht immer weiter.